Schroffe Gedichte trafen auf sanfte Musik
Lyrik und Jazz | Von stillen und anderen Nächten erzählten Claudia Zimmer und die Band Nightline Blue im Theater Hammerschmiede.
Rottenburg. Die anderen Nächte waren es vor allem, um die es ging. Was wie ein vorweihnachtliches Programm klang, entpuppte sich als ein lyrischer, bisweilen skurriler Blick auf nächtliches Treiben – allein, zu zweit oder in scheinbarer Gesellschaft und doch allein.
„So ein Glück, im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein“, begrüßte Sängerin und Rezitatorin Claudia Zimmer nicht mal eine Handvoll Gäste. Doch wahrlich, sie hatten Glück. Denn das Programm aus Lyrik und Jazz war zugleich tiefsinnig und unterhaltsam.
Dazu kam, dass die Atmosphäre durchaus intim war und somit dem Thema ganz und gar angemessen. Intim, jedoch nicht im aufdringlichen Sinn, sondern im Sinn von ganz nah dran. Bei Radiosendern müssen sich Zuhörer die Finger auf Telefon oder Handy wund tippen, um in diesen Genuss zu kommen. Beim Theater Hammerschmiede ist die Nähe zu den Interpreten sozusagen im Eintrittspreis enthalten.
Für Sängerin und Musiker der Band Nightline Blue war es keine Frage, trotz der lichten Zuschauerschar aufzutreten und ihr Bestes zu geben. Sie musizierten vom ersten Takt an, als wären im Theater alle Plätze besetzt.
In Gedichten und Liedern über Nächte geht es zwangsläufig auch um Liebe. Dass es am Freitagabend jedoch nicht um die herzerweichende, romantische ging, machte Zimmer gleich deutlich: „Sie besuchen ein Fest und treffen dort den Einen oder die Eine. Ist Ihnen das schon mal passiert? Mir nicht.“
So nüchtern betrachtend und desillusioniert ging es weiter. Zwei sitzen da und schauen zum Nachthimmel hinauf. Sie betrachtet die Sterne. Er analysiert den Saturn. Spröde und eigentlich unlustig erzeugt die lyrisch vorgetragene Szene Lacher, weil sie einen Wiedererkennungseffekt hat.
Zimmer philosophierte über Schlüsselreize, die (Herzens-) Türen öffnen, über eine Schönheit im Eimer – die Rose an der Supermarktkasse. Ihre bisweilen skurrilen Texte kokettieren mit einem pointierten Ende. Michael Döller am Schlagzeug, Bassist Wolfgang Heinzelmann und Hans-Peter Ertle mit einfühlsamen Melodien am Klavier umschmeichelten Zimmers Darbietungen mit Jazz, Blues und Chansons.
„C‘est si bon“, sang die Tübingerin und tanzte. Ja, manchmal ist es gut. Manchmal sind Nächte aber auch so trivial wie die Texte dazu: „Nacht in der Stadt, Stadt in der Nacht“. „Was wir in einer Nacht veranstalten, haben Lyriker auf den Punkt gebracht“. Wenn es nur wenig ist, dann hilft die Musik darüber hinweg.
Dunja Bernhard (Abdruck mit freundlicher Genehmigung). Erschienen im Schwäbischen Tagblatt / Rottenburger Post am 18.12.2017